Minister würdigt Aurich bei EEZ-Eröffnung
Olaf Lies sprach während des Festaktes von der „Welthauptstadt der Windenergie“
Aurich. Acht Jahre wurde geplant, gebaut und eingerichtet – gestern endlich konnte das Energie-Erlebnis-Zentrum (EEZ) in Sandhorst offiziell eröffnet werden. Ehrengast war Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Aurich sei die „Welthauptstadt der Windenergie“, sagte er. Die Windkraft sei der Eckpfeiler der Energiewende.
Die beste Nachricht erhielt bei den ganzen Grußworten und Dankesreden das Zentrum für nachhaltige Ernährung (ZNE), dass bereits jetzt eine Verlängerung der Projektzeit um drei Jahre erhalten hat. Getragen wird das Projekt von der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung. Deren Vorsitzender, Prof. Burkhard Huch, verkündete den Beschluss des Stiftungsrates, weitere 300 000 Euro für das ZNE zur Verfügung zu stellen und auf diese Weise den Betrieb bis 2020 zu sichern. „Damit haben Sie eine gesunde Wegstrecke um zu beweisen, dass alles funktioniert, was Sie sich vorgenommen haben“, sagte er. Adressaten dieses Wunsches waren Kerstin Hoop und Maike Götz, die das ZNE in Aurich betreuen.
Ein ganz besonderes audiovisuelles Erlebnis wartet im Turm des EEZ auf die Besucher. Fotos: Banik
„Für uns ist ein Wunsch in Erfüllung gegangen“, sagte Hoop. Denn sie bräuchten Zeit, um im EEZ „richtig in Schwung zu kommen“. Bislang habe es sich dort ja mehr um eine Baustelle gehandelt, so dass man erst jetzt so richtig mit der Küche habe starten können.
Die Zeiten der Baustellen sind am EEZ jetzt aber – nicht nur in der Küche – vorbei. Bis auf kleinere Arbeiten im Außenbereich ist alles fertiggestellt, wovon sich die geladenen Gäste gestern Nachmittag im Anschluss an die Reden überzeugen konnten.
Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst (von links), Erster Stadtrat Hardwig Kuiper, Wirtschaftsminister Olaf Lies und Ratsherr Hinrich Wilts (SPD) vor dem frisch eröffneten EEZ.
Insgesamt hat der Bau des EEZ 26,8 Millionen Euro gekostet. Fünf Millionen Euro kamen aus Zuschüssen, den Rest hat die Stadt Aurich aufgebracht. Damit wurde der Bau genauso teuer wie geplant, betonte Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst in seinem Grußwort.
Wirtschaftsminister lädt die Bayern ein
Von Heino Hermanns
Olaf Lies (SPD): Süddeutsche Unternehmer sollten sich da ansiedeln, wo künftig der Strom produziert wird
Aurich. Voller Begeisterung hielt Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies sein Grußwort zur Eröffnung des Energie-Erlebnis-Zentrums (EEZ). Über den Norden werde nicht so gut gesprochen, wie man es angesichts der Entwicklung insbesondere bei der Windenergie tun könnte, meinte Lies. Alleine deshalb sei das EEZ so wichtig, um zu zeigen, „wie es wirklich geht mit der Windenergie“. Denn Lies ist in Sorge, wie es mit der Energiewende weitergeht.
Der Ausstieg aus der Atomkraft sei von einer breiten Mehrheit getragen worden, und es sei auch klar, dass man von den fossilen Kraftwerken wegkommen müsse. Allerdings, so Lies, gebe es jetzt vermehrt Zweifel auch an der Windenergie. Das Thema Infraschall werde hier vorgeschoben, um den Ausbau zu verhindern, sagte der Minister. „Woher soll die Energie dann kommen?“, fragte er. „Wir müssen ein Signal geben, dass wir mit dem Ausbau weitermachen“, betonte Lies.
Das Energie-Erlebnis-Zentrum in Sandhorst wurde am Freitag offiziell eröffnet. Ehrengast war Wirtschaftsminister Olaf Lies. Die Nutzer der Einrichtung, darunter auch viele Schüler des Ulricianums, stellten sich den rund 350 Gästen der Veranstaltung vor. Foto: Banik
Das EEZ als außerschulischer Lernort komme da genau zur richtigen Zeit. Und vielleicht, so Lies, komme ja auch der ein oder andere aus dem Süden Deutschlands nach Aurich. Denn alle deutschen Wirtschaftsminister hätten sich für einen bedarfsgerechten Ausbau der Stromtrassen ausgesprochen, mit der die Windenergie transportiert werden soll – bei einer Gegenstimme aus Bayern. Lies lud daher alle bayerischen Unternehmen nach Niedersachsen ein. „Wenn der Strom nicht zu Ihnen kommt, kommen Sie doch zum Strom“, sagte er – Platz genug sei in Niedersachsen vorhanden.
In die gleiche Kerbe stieß auch Erster Kreisrat Dr. Frank Puchert. Im Landkreis Aurich gebe es 561 Windenergieanlagen, sagte er. „Das ist genau eine mehr als es in ganz Bayern gibt“, so Puchert. Der Landkreis Aurich produziere mit der Windenergie das 1,6-fache des eigenen Strombedarfs. „Rein rechnerisch sind wir autark“, sagte er. Vor allem dank Enercon handele es sich beim Landkreis Aurich um keine strukturschwache Region mehr.
Mit dem EEZ könne sich Aurich weiter als Stadt der regenerativen Energien profilieren, sagte Puchert. Allerdings prophezeite er den „Ferienpark-Effekt“. „Alle paar Jahre müssen neue Attraktionen her“, meinte er, sonst riskiere man mit dem EEZ dieselbe Entwicklung, die das Klimahaus in Bremerhaven durchlaufen habe. Hier seien die Besucherzahlen schnell deutlich gesunken.
Daran werde es nicht scheitern, ließ Erster Stadtrat Hardwig Kuiper durchblicken. Er führte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Auricher Hallen- und Bädergesellschaft (ABH) den Reigen der Grußworte an. Schon demnächst werde es eine Sonderausstellung im EEZ geben. „Dabei geht es um eine Person, die hier anwesend ist“, sagte Kuiper. Mehr wollte er nicht verraten.
Kuiper ging in seiner Rede auf die Geschichte des EEZ ein, die ihren Ursprung in der „Sonne von Emden“ hat. Ein Plan der Industrie- und Handelskammer, „den die Stadt Emden nicht weiter verfolgen wollte“, wie Kuiper süffisant anmerkte.
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Aus der „Sonne von Aurich“ ist schließlich das EEZ geworden, in dem sich die zahlreichen Nutzer gestern den offiziellen Gästen präsentierten. Vor allem die Schüler des Ulricianums waren ganz eifrig dabei, das Experimentarium mit Leben zu erfüllen. Passend zum Thema Energie wurde mit Brennstoffzellen hantiert, die unter anderem kleine Autos betrieben.
Bereits in die Ausbildung integriert sind die neuen gläsernen Ausbildungswerkstätten von Enercon. Alle Auszubildenden des Unternehmens werden künftig im zweiten Lehrjahr einen Teil ihrer Ausbildung im Energie-Erlebnis-Zentrum absolvieren, sagte Enercon-Sprecher Felix Rehwald bei einem Rundgang.
Ebenso würden alle Besuche von Gästen oder Geschäftskunden des Unternehmens künftig im EEZ beginnen. Hier stehen Enercon als größtem Mieter des Komplexes mehrere Konferenzräume sowie sogar ein kleiner Hörsaal mit rund 100 Plätzen zur Verfügung.
Gerührt war Klaus Peters, Gesamtproduktionsleiter von Enercon, während der Eröffnung. Denn im Innenhof des EEZ steht die E-16 aus dem Jahr 1984, die kürzlich auf dem Grundstück von Firmengründer Dr. Aloys Wobben abgebaut wurde (wir berichteten). Er selbst hatte diese Anlage vor über 30 Jahren bei Wobben zusammengeschraubt. „Damals war ich 22 Jahre alt“, erzählte er. „Ich habe in die Praxis umgesetzt, was Wobben sich ausgedacht hat“, erinnerte Peters sich.
Quelle: Ostfriesische Nachrichten – 20. Juni 2105
Wo die Energiewende als Computerspiel lockt
Von Gabriele Boschbach
Bildung Das gestern eröffnete EEZ in Aurich-Sandhorst will die Besucher neugierig machen und ihren Wissenshunger stillen. Dazu laden eine Ausstellung und eine Multi-Media-Show ein. In dem Gebäude sind auch Ausbildungswerkstätten von Enercon untergebracht.
Aurich – Begeisterung blitzt in den Augen von Tobias Rehermann auf. Als geladener Gast hat der Auricher bei der offiziellen Eröffnung des Energie-Erlebeniszentrums (EEZ) in Aurich-Sandhorst soeben eine Weltpremiere erlebt: Er gehört zur ersten Gruppe, die die multimediale 360-Grad-Vorführung im sogenannten Energieturm des EEZ sehen durfte. In dem kathedralenartigen Raum donnern Wassermassen die Wände runter, zucken Blitze die Decke entlang, fegt der Wind die Wolken vor sich her. Dabei geht es darum zu zeigen, welche Kräfte Energieträger entfalten. „Fantastisch, ich war mittendrin“, sagt Tobias Rehermann. Das achtminütige Erlebnis sei besser als 3D-Kino. Der Zuschauer hört förmlich das Gras wachsen: Eine animierte Szene zeigt sogar, wie Pflanzen sich aus vermeintlich toter Lavaerde ans Licht recken – Chlorophyll als Baustein des Lebens.
Der elfjährige Felix Probol aus Aurich bestaunt vergnügt, wie ein Luftballon im Wind-Looping durch die Ringe geblasen wurde. Bild: Cordsen
Während es im Erdgeschoss des EEZ um Sinneserlebnisse geht, dreht sich eine Etage höher alles um das Thema Lernen. Auf 600 Quadratmetern gibt es Fachräume für Chemie und Physik sowie für Workshops. Der Dozent einer Bremer Universität erklärt Elftklässlern des Auricher Ulricianums im Experimentarium, wie sich Chlorophyll-Moleküle zueinander verhalten. Chemielehrer Helge de Buhr sitzt daneben und freut sich über die Lern-Bedingungen: „Die Verhältnisse im Ulricianum sind schon sehr gut, aber hier können wir auf fast universitärem Niveau arbeiten.“ Der Pädagoge ist sehr angetan von diesem außerschulischen Lernort.
Dessen Qualität hat sich bis Hannover verbreitet, wie beim Festakt vor 350 zumeist hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Politik bekanntwird. Aurichs Erster Stadtrat Hardwig Kuiper sagt, dass fürs EEZ kurzfristig 25 zusätzliche Lehrerstunden bewilligt worden seien. „Richten Sie Kultusministerin Frauke Heiligenstadt unseren Dank aus“, sagt Hardwig Kuiper an die Adresse von Olaf Lies gewandt. Der niedersächsische Wirtschaftsminister sitzt in der ersten Reihe und hört sich geduldig die lange Aufzählung der Firmen an, die an dem Projekt beteiligt sind.
Die Big-Band des Auricher Ulricianums begleitete den Festakt musikalisch. Bild: Cordsen
Dazu gehört auch das Erlanger Unternehmen Impuls-Design, das zwei Jahre lang 20 Exponate für die Dauerausstellung des EEZ entwickelt hat, in der die Besucher auf originelle Weise selbst ausprobieren können, wie die Kräfte der Natur wirken. So können sie an einem mit Ventilatoren besetzten Bogen mit Hilfe von Luftballons erkunden, wie Wind wirkt. Man kann die Windstärke selbst regeln – und verschieden große Ballons aufblasen. Peter Zeiss, Projektleiter der Firma Impuls-Design spricht davon, dass der Besucher sich selbst als „Einflussgröße“ begreifen solle. Die komplette Ausstellung sei konzipiert nach dem Motto die Energiewende spielend zu begreifen – mit allen Sinnen.
Ursprünglich sollte eine solch komplexe Schau an der Emder Knock realisiert werden: in einem Info-Zentrum für regenerative Energien . Die Hafenstadt sah sich mit dem Projekt überfordert und wandte sich im September 2007 an die Auricher. Die entwickelten mit Enercon und vielen Partnern, etwa der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung, das Energie-Erlebnis-Zentrum, für das der Architekt Lothar Tabery aus Bremervörde eine silberne Hülle entwarf.
Das EEZ soll Ausstellungsort, Lernort und Zukunftslabor sein. Enercon hat darin Ausbildungswerkstätten und ein Besucherzentrum eingerichtet.
In wenigen Tagen, ab dem 1. Juli, kann jeder Besucher das Zusammenspiel der Kräfte im EEZ selbst erleben.
Quelle: Ostfriesen Zeitung – 20. Juni 2015