Schon seit fünf Jahren beteiligen sich Ulricianer am „Bundeswettbewerb Philosophischer Essay“, diesmal waren es mit 15 Schülerinnen und Schülern so viele wie nie zuvor. Darüber haben wir uns sehr gefreut, und auch darüber, dass Herr Schröder sich die Zeit genommen hat, den erfolgreichen Teilnehmern die Urkunden zu überreichen. Dass er in diesem Zusammenhang betont hat, wie erfreulich er es findet, dass am Ulricianum dieses besondere Fach Philosophie unterrichtet wird, sei nur nebenbei erwähnt. So sehen wir das auch…
Ein Auto kann man nicht gewinnen und auch die Chance, einer der „Auserwählten“ zu sein, die zu der „Winterakademie junger Philosophen“ eingeladen werden, ist eher gering, wenn man bedenkt, dass bundesweit Hunderte von Essays eingereicht werden und nur eine Handvoll Schüler sich letztlich kennenlernen. Aber darauf kommt es auch gar nicht an, denn hier ist – wie so oft – der Weg das Ziel. Lernen kann man auf viele Arten und schreibend lernen ist eine besondere Herausforderung, aber auch ein großes Glück.
Manchen Schülern macht das so viel Spaß, dass sie sogar zweimal in ihrer kurzen Oberstufenzeit erfolgreich teilnehmen, hier eine von diesen, Eileen Kahraman.
Die Teilnehmer aus dem 12. Jahrgang haben sich mehrheitlich und im Rahmen eines Ästhetik-Kurses mit der Frage beschäftigt, ob Kunst alles darf. Leicht gefragt, gerade in der heutigen Zeit, da vermeintlich „anything goes“ und Kunstfreunde aus aller Welt staunend vor plastinierten Leichen stehen, die ihre eigene Haut in der Hand halten wie einen Mantel. Oder ist das gar keine Kunst?
Manche Abiturienten konnten an der Verleihung der Urkunden nicht teilnehmen, sie werden ihre Urkunden und ein kleines Buchgeschenk des Fachbereichs Philosophie am Ulricianum bei der Abi-Entlassungsfeier bekommen. Helke Strüfing zum Beispiel, die berichtet hat, dass sie die Auseinandersetzung mit dem Thema Kunst so spannend fand, dass sie stundenlang und intensiv mit einer Bekannten darüber diskutiert hat – was man ihrem hervorragenden Essay auch deutlich anmerkt.
Wer dieses Thema spannend findet, kann sich auf das nächste Jahrbuch freuen, dort wird ein Essay zu dieser Frage veröffentlicht, hier der Autor Mathis Ubben.
Die Teilnehmer aus dem 11. Jahrgang hatten vier Themen zur Wahl:
- Darf Kunst alles?
- „Die unzufriedenen Friedensfreunde, die mit dem Zustand des nichtfließenden Blutes noch nicht genug haben, denken in den Bildern eines messianischen Reiches, in dem Wolf und Lamm miteinander weiden. Die kleine Unwahrscheinlichkeit, daß der Wolf dabei überleben kann, indem er Gras frißt, wird hingenommen, obwohl sie doch an den Zeitpunkt denken läßt, an dem die Wölfe vom Aussterben bedroht sein werden und sich die Wolfsfreunde zusammentun müssen, um von irgendwoher Lämmer für die Wolfserhaltung zu beschaffen – die Lämmer von anderen Weiden natürlich. Man merkt, daß es ein anderer sein mußte, der sich den messianischen Zustand ausgedacht hat, als der, der sich die Natur ausgedacht hatte.“ (Hans Blumenberg: Ein mögliches Selbstverständnis. Reclam, Stuttgart 1997)
- Ist die aus religiösen Traditionen begründete Beschneidung von Jungen, die aufgrund ihres Alters nicht einwilligen können, unmoralisch?
- Wie viele Menschen wohnen denn in uns? Einer oben, einer in der Mitte, einer im Keller? Vielleicht auch einer gefesselt irgendwo in einem verriegelten Kabinett? Ich misstraue der Psychologie und der Psychoanalyse. [...] Man kann den Dämon des Menschen wohl andeutungsweise beschreiben, aber sezieren kann man ihn nicht [...] Der Dämon bleibt: Schmerzen, Tod, Liebe, Hass. (George Grosz: Ein kleines Ja und ein großes Nein. Dresden 1925.)
Wer Zeit und Lust hat, kann ja mal über diese Themen nachdenken.
Wer nun Interesse an dem „Bundeswettbewerb Philosophischer Essay“ hat, kann auf unserer Seite auf der Homepage schmökern, dort gibt es einen Link, der Infos und beispielhafte Essays aus ganz Deutschland bietet.
Und Schülerinnen und Schüler, die selbst mal teilnehmen möchten? Im Oktober wird der nächste Wettbewerb ausgeschrieben, dann gibt es neue Themen.
Kerstin Niemeyer