19-jährige Auricherin Pia Redenius, die in Südafrika Schwimm- und Sportunterricht gibt, hat Spendenaktion ins Leben gerufen
Von Holger Janssen
Aurich/Südafrika. Die 19-jährige Auricherin Pia Redenius absolviert seit August ein freiwilliges soziales Jahr in Mdumbi/Südafrika. Dort gibt sie unter anderem Sportunterricht und bringt Kindern das Schwimmen bei. Im Interview mit den Ostfriesischen Nachrichten berichtet sie von ihrer Arbeit, ihren Lebensumständen und von den Problemen, mit denen sie täglich zu tun hat.
Ostfriesische Nachrichten: Frau Redenius, wie sind Sie darauf gekommen, für ein Jahr nach Südafrika zu gehen?
Pia Redenius: Ich habe dreimal an einem Jugendaustausch mit Sportlern aus dem Eastern Cape, einem Landstrich in Südafrika, teilgenommen. Ich war mir danach sofort sicher, dieses Land und die Menschen einmal näher kennenlernen zu wollen.
Wie leben Sie in Südafrika?
Ich wohne in einem Ronaval. Das ist eine traditionelle Hütte, die aus Schlamm gebaut wird. Das Dorf hat keinen Stromanschluss, aber dank Solarenergie haben wir einen Kühlschrank und in der Küche zwei Lampen. Unser Dorf ist rund zwei Stunden von der nächsten Stadt entfernt. Das Dorfleben ist bunt und aktiv. Auf der Straße begegnen einem immer wieder Ziegen, Kühe, Hühner und Esel, die sich hier frei bewegen. Gesprochen wird ausschließlich Xhosa, eine der elf offiziellen Sprachen Südafrikas.
Was genau machen Sie dort?
I ch bin für Transcape NPO, einer Nichtregierungsorganisation, tätig und arbeite im Bildungsbereich. Morgens gehe ich beispielsweise mit Kindern hinunter an den Fluss und bringe ihnen das Schwimmen bei. Nachmittags gebe ich Sportstunden oder bin mit organisatorischen Dingen beschäftigt. Darüber hinaus unterstütze ich ein lokales „Backpacker“-Hotel, eine Unterkunft für Rucksacktouristen.
Wie sieht das Sportprogramm aus, das Sie den Menschen anbieten?
Zweimal wöchentlich spielen wir Netball. Ein Mannschaftsspiel, das dem Basketball ähnelt und hier in Südafrika gerne von Mädchen gespielt wird. In einer Gamesgroup mache ich mit Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen acht und sechzehn Jahren Sportspiele. Darüber hinaus kommen
Jugendliche zum Fitnesstraining zu mir und es gibt eben den Schwimmunterricht
mit den Kindern. Aktuell bereite ich noch ein HIV-Awareness-Turnier vor.

Netball wird in Südafrika hauptsächlich von Mädchen gespielt und gehört zum Sportprogramm von Pia Redenius.
Was ist das für ein Turnier?
Es findet in unserem Dorf statt. Wir spielen Netball. Zum Turnier erwarten wir sieben Teams. Wir spielen aber auch Fußball. In den Pausen leisten wir Aufklärungsarbeit zum Thema HIV.
Wie nehmen die Menschen die Angebote an?
Netball und Fitness laufen prima. Bei der Spielgruppe gibt es immer wieder Höhen und Tiefen. Grundsätzlich klappt es aber ganz gut, wenngleich die Beteiligung sehr stark vom Wetter abhängt. Regen und Wind machen uns oft einen Strich durch die Rechnung. Kurz vor den Sommerferien ist die Beteiligung nicht ganz so gut.
Die Kinder müssen länger in der Schule bleiben und danach rund einein-
halb Stunden nach Hause laufen.
Vor welchen Problemen stehen Sie bei Ihrer Arbeit im Dorf?
Es ist vor allem die Armut. Offiziell sind 56 Prozent der Menschen arbeitslos, in Wirklichkeit dürfte die Zahl aber bei rund 75 Prozent liegen. Hinzu kommt das niedrige Bildungsniveau der Menschen hier. Die schlechte Infrastruktur hat darauf direkten Einfluss. Krank heiten wie HIV und Tuberkulose sind ebenfalls weit verbreitet.
Wie sieht es mit Sportgeräten aus?
Sportgeräte haben wir nur wenige. Für Netball steht uns ein einziger Ball zur Verfügung. Basketbälle und Fußbälle sind zwar vorhanden, aber auch nur sehr wenige. Hinzu kommen noch einige Hula-Hoop-Reifen und Pylonen. Was uns fehlt, sind beispielsweise weitere Bälle, Leibchen und Springseile.
Sie haben in Zusammenarbeit mit der Sportjugend Ostfriesland eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Worum geht es da genau?
Auch wenn Südafrika allgemein als sehr entwickeltes Land gilt, gibt es in dieser
Gegend sehr viele arme Familien. Kinder kommen häufig mit sehr alter, kaputter Kleidung in die Schule. Gerade bei schlechtem Wetter, in Südafrika kann es sehr kalt werden, ist es traurig, die Kleinen ohne wärmenden Pullover oder eine Jacke zu sehen. Wir rufen daher zu einer Spendenaktion auf. Wer Kleidung und Schuhe hat, kann diese bei der Sportjugend Ostfriesland abgeben. Da der Versand nach Südafrika sehr teuer ist, freuen wir uns auch über finanzielle Unterstützung.
Warum schicken die Eltern ihre Kinder trotz der großen Armut zu Ihnen?
Meist die Kinder kommen die Kinder von selbst zu mir. Sie werden nicht von den Eltern geschickt. Die Kinder haben Spaß an der Bewegung und freuen sich, andere Kinder zu treffen und mit ihnen den Spaß am Sport zu teilen. Wichtig ist, die Kinder „einzufangen“ und zu motivieren, die Sportstunde einmal auszuprobieren. Meist finden sie dann Gefallen daran und kommen wieder.
Gibt es etwas, dass Sie in Südafrika vermissen?
Schwarzbrot und Kuchen wären schön. Ich kann hier nur Toastbrot kaufen. Natürlich fehlen mir auch meine Freunde und die Familie. Und die einfachen Transportmöglichkeiten. Der öffentliche Nahverkehr in Ostfriesland ist ein Traum, verglichen mit der Situation hier.
Wann geht’s zurück nach Hause?
Ich fliege im August zurück nach Deutschland. Dann sind die zwölf Monate meines Freiwilligenjahres um.

Pia Redenius aus Aurich leistet ein Jahr lang freiwillige Arbeit in Südafrika. Sport ist dabei ein wichtiger Bestandteil.
Was nehmen Sie dann mit?
Ich habe Eindrücke von einer völlig anderen, aber wunderbaren Welt bekommen, in der ich mich zu Hause fühle. Ich habe mich hier sehr schnell eingelebt und glaube, dass die ersten Wochen in Deutschland, mit unserem absolut übermäßigen Konsum, nicht einfach werden. In diesem Teil der Welt ticken die Uhren anders als bei uns zu Hause. Hier sind andere Werte wichtig. Ich kann jetzt schon sagen, dass ich sehr viele neue Fähigkeiten gelernt habe. Ich bin überglücklich, mich für dieses Jahr entschieden zu haben.
Quelle: Ostfriesische Nachrichten – 8. Januar 2015